Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J05AR01 - Nukleosidanaloga
Wirkungsmechanismus
Lamivudin und Zidovudin sind als Nukleosidanaloga selektive Inhibitoren der HIV-1 und HIV-2 Replikation.
Keine antagonistischen Effekte wurden in vitro gesehen mit Lamivudin und anderen antiretroviralen Substanzen (getestete Substanzen: Abacavir, Didanosin, Nevirapin, Zalcitabin und Zidovudin). Keine antagonistischen Effekte wurden in vitro gesehen mit Zidovudin und anderen antiretroviralen Substanzen (getestete Substanzen: Abacavir, Didanosin, Lamivudin und Interferon-alpha).
In klinischen Studien reduzierte Lamivudin in Kombination mit Zidovudin die Virusbelastung mit HIV-1 und erhöhte die CD4-Zellzahl. Klinische Endpunktdaten zeigen, dass Lamivudin in Kombination mit Zidovudin alleine und Lamivudin-/Zidovudin-haltige Kombinationstherapien das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung und der Mortalität signifikant reduzieren.
Beide Wirkstoffe werden stufenweise durch intrazelluläre Kinasen zum 5'-Triphosphat (TP) metabolisiert. Lamivudin-TP und Zidovudin-TP sind Substrate und kompetitive Inhibitoren der Reversen Transkriptase des HIV; ihre antivirale Hauptwirkung jedoch kommt durch Einbau der Monophosphat-Form in die virale DNA-Kette zustande, was zu einer Kettenabbruchreaktion führt.
Lamivudin-TP und Zidovudin-TP zeigen eine signifikant geringere Affinität zu der DNA-Polymerase der Wirtszelle.
Pharmakodynamik
Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Nach den international anerkannten Richtlinien des «Center for Disease Control and Prevention» vom Juni 1998 ist im Fall einer akzidentellen Kontamination mit HIV-infiziertem Blut, z.B. durch Nadelstichverletzung, unverzüglich innerhalb von einer bis zwei Stunden eine Kombination von Retrovir AZT und 3TC zu verabreichen. Bei erhöhtem Infektionsrisiko sollte ein Proteaseinhibitor in das Behandlungsschema eingeschlossen werden. Die antiretrovirale Prophylaxe ist vier Wochen lang durchzuführen. Zur Postexpositionsprophylaxe gibt es keine kontrollierten klinischen Studien und die Daten sind beschränkt. Trotz rasch einsetzender Behandlung mit antiretroviralen Substanzen kann es zur Serokonversion kommen.
Virologie
Die direkte Beziehung zwischen der In-vitro-Empfindlichkeit von HIV auf Lamivudin und/oder Zidovudin und der klinischen Wirksamkeit wird weiterhin untersucht. Die In-vitro-Empfindlichkeitstests wurden nicht standardisiert und die Ergebnisse können aufgrund methodologischer Faktoren variieren.
Über eine verringerte In-vitro-Empfindlichkeit auf Lamivudin oder Zidovudin bei HIV-Isolaten von Patienten, die mit diesen Nukleosidanaloga behandelt wurden, ist berichtet worden. Von In-vitro-Studien ist jedoch auch bekannt, dass gewisse Zidovudin-resistente Virusisolate auf Zidovudin erneut empfindlich reagieren, wenn sie simultan eine Resistenz gegenüber Lamivudin erwerben.
Ausserdem bestehen klinische Erfahrungen, wonach eine Therapie mit Lamivudin plus Zidovudin in vivo das Auftreten einer Zidovudin-Resistenz bei antiretroviral unbehandelten Patienten verzögert.
Diese In-vitro-Synergie zwischen Lamivudin und Zidovudin ist von Bedeutung, wenn die beiden Substanzen in Kombination angewendet werden. In-vitro-Studien zeigen jedoch, dass Dreierkombinationen von Nukleosidanaloga oder Kombinationen von zwei Nukleosidanaloga und einem Proteaseinhibitor eine stärkere Wirksamkeit bezüglich der Hemmung der HIV-1 induzierten zellschädigenden Wirkungen aufweisen als Monotherapien und Zweierkombinationen. Diese In-vitro-Beobachtungen wurden in klinischen Studien bestätigt.
Klinische Wirksamkeit
Dem Register zur antiretroviralen Therapie während der Schwangerschaft wurden Berichte von über 11'000 Schwangerschaften mit Exposition gegenüber Lamivudin, die zu Lebendgeburten führten, gemeldet. Diese Berichte setzten sich aus über 4'500 Expositionen während des 1. Trimesters, die 143 Geburtsdefekte beinhalteten, und über 7'200 Expositionen während des 2. und 3. Trimesters mit 207 Geburtsdefekten zusammen. Die Prävalenz (95% KI) von Missbildungen im ersten Trimester lag bei 3.1% (2.6, 3.7%) und bei 2.9% (2.5, 3.3%) im 2. und 3. Trimester.
Dem Register zur antiretroviralen Therapie während der Schwangerschaft (APR) wurden Berichte von über 13'000 Schwangerschaften mit Exposition gegenüber Zidovudin, die zu Lebendgeburten führten, gemeldet. Diese Berichte setzten sich aus über 4'100 Expositionen während des 1. Trimesters, die 133 Geburtsdefekte beinhalteten, und über 9'300 Expositionen während des 2. und 3. Trimesters mit 264 Geburtsdefekten zusammen. Die Prävalenz (95% KI) von Missbildungen im ersten Trimester lag bei 3.2% (2.7, 3.8%) und bei 2.8% (2.5, 3.2%) im 2. und 3. Trimester.
Diese Anteile liegen nicht signifikant höher als die entsprechenden Anteile in den beiden bevölkerungsbasierten Überwachungssystemen (2.72 pro 100 Lebendgeburten bzw. 4.17 pro 100 Lebendgeburten). Aus dem APR geht im Vergleich zur Hintergrundinzidenz kein erhöhtes Risiko schwerer Geburtsfehler unter Lamivudin oder Zidovudin hervor.
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