Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J05AR06
Wirkungsmechanismus
Efavirenz ist ein HIV-1 spezifischer nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI) und ein nicht-kompetitiver Inhibitor der Reversen Transkriptase von HIV-1 ohne signifikanten hemmenden Effekt gegenüber der HIV-2-Reversen Transkriptase oder den zellulären DNA-Polymerasen α, β, γ oder δ. Emtricitabin ist ein Nukleosid-Analogon von Cytidin. Tenofovirdisoproxilsalz wird in vivo in Tenofovir umgewandelt, ein Nukleosidmonophosphat-(Nukleotid-)Analogon von Adenosinmonophosphat.
Emtricitabin und Tenofovir werden durch zelluläre Enzyme zu Emtricitabin-Triphosphat bzw. Tenofovir-Diphosphat phosphoryliert. In-vitro-Studien belegen, dass sowohl Emtricitabin als auch Tenofovir vollständig phosphoryliert werden können, wenn sie in Zellkulturen kombiniert werden. Emtricitabin-Triphosphat und Tenofovir-Diphosphat hemmen die HIV-1-Reverse Transkriptase kompetitiv und bewirken auf diese Weise einen DNA-Kettenabbruch.
Sowohl Emtricitabin-Triphosphat als auch Tenofovir-Diphosphat hemmen die DNA-Polymerasen von Säugetieren nur geringfügig. Es liegen keine Hinweise auf eine mitochondriale Toxizität in vitro oder in vivo vor.
Kardiale Elektrophysiologie
Der Effekt von Efavirenz auf das QTc-Intervall wurde in einer positiv- und placebokontrollierten Open-label QTc-Studie evaluiert. Bei dieser Studie mit einer fixen Einzelsequenz, 3-Perioden und einem 3-fach Cross-over Design wurden 58 gesunde Probanden, die reich waren an CYP2B6 Polymorphismen, untersucht. Nach Gabe einer Tagesdosis von 600 mg Efavirenz über eine Behandlungszeit von 14 Tagen betrug der mittlere Cmax-Wert bei Probanden mit CYP2B6 *6/*6 Genotyp das 2,25-fache des mittleren Cmax-Wertes bei Probanden mit CYP2B6 *1/*1 Genotyp. Eine positive Korrelation zwischen der Efavirenz-Konzentration und der Verlängerung des QTc-Intervalls wurde beobachtet. Infolge dieser Korrelation betrugen bei Probanden mit CYP2B6 *6/*6 Genotyp nach Gabe einer Tagesdosis von 600 mg über eine Behandlungszeit von 14 Tagen die mittlere Verlängerung des QTc-Intervalls 8,7 ms und die dazugehörige obere Grenze des 90%- Konfidenzintervalls 11,3 ms (siehe «Interaktionen»).
Pharmakodynamik
Antivirale Aktivität in vitro: Efavirenz zeigte antivirale Aktivität gegen die meisten non-B-Isolate (Subtypen A, AE, AG, C, D, F, G, J und N), hatte aber eine verringerte antivirale Aktivität gegen Viren der Gruppe O. Emtricitabin zeigte antivirale Aktivität gegen die HIV-1-Subtypen A, B, C, D, E, F und G. Tenofovir zeigte antivirale Aktivität gegen die HIV-1-Subtypen A, B, C, D, E, F, G und O. Sowohl Emtricitabin als auch Tenofovir zeigten stammspezifische Aktivität gegen HIV-2 und antivirale Aktivität gegen HBV.
In Kombinationsstudien zur antiviralen Aktivität von Efavirenz und Emtricitabin, Efavirenz und Tenofovir und von Emtricitabin und Tenofovir wurden in vitro additive bis synergistische antivirale Effekte beobachtet.
Resistenz: Resistenz gegenüber Efavirenz lässt sich in vitro selektieren und führte zu einzelnen oder multiplen Aminosäuresubstitutionen in der HIV-1-Reversen Transkriptase, einschliesslich L100I, V108I, V179D und Y181C. In klinischen Studien mit Efavirenz war K103N die am häufigsten beobachtete Mutation an der Reversen Transkriptase in Virusisolaten von Patienten mit einem Wiederanstieg der Viruslast. Mutationen an den Reverse-Transkriptase-Positionen 98, 100, 101, 108, 138, 188, 190 oder 225 wurden ebenfalls beobachtet, aber mit geringerer Häufigkeit und oft nur zusammen mit K103N. Kreuzresistenzprofile für Efavirenz, Nevirapin und Delavirdin in vitro zeigten, dass die K103N-Mutation bei allen drei NNRTIs zu einem Empfindlichkeitsverlust führt.
Das Potenzial für eine Kreuzresistenz zwischen Efavirenz und NRTIs ist aufgrund der unterschiedlichen Bindungsorte am Zielenzym und der unterschiedlichen Wirkungsmechanismen gering. Das Potenzial für eine Kreuzresistenz zwischen Efavirenz und Proteaseinhibitoren ist aufgrund der verschiedenen beteiligten Zielenzyme gering.
Resistenz gegenüber Emtricitabin oder Tenofovir ist in vitro und bei einigen HIV-1-infizierten Patienten beschrieben worden – bei Emtricitabin aufgrund der Entwicklung einer M184V- oder M184I-Mutation an der Reversen Transkriptase und bei Tenofovir aufgrund der Entwicklung einer K65R-Mutation an der Reversen Trankriptase. Emtricitabin-resistente Viren mit der M184V/I-Mutation waren kreuzresistent gegenüber Lamivudin, blieben aber empfindlich gegenüber Didanosin, Stavudin, Tenofovir und Zidovudin. Die K65R-Mutation kann auch durch Abacavir oder Didanosin selektiert werden und vermindert die Empfindlichkeit gegenüber diesen Wirkstoffen sowie gegenüber Lamivudin, Emtricitabin und Tenofovir. Die Anwendung von Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-Mepha bei Patienten, deren HIV-1 eine K65R-Mutation zeigt, ist zu vermeiden. Sowohl bei der K65R- als auch bei der M184V/I-Mutation bleibt die Empfindlichkeit gegenüber Efavirenz unbeeinträchtigt. Darüber hinaus wurde durch Tenofovir eine K70E-Substitution in der HIV-1-RT (Reverse Transkriptase) selektiert, was eine geringfügig verminderte Empfindlichkeit gegenüber Abacavir, Emtricitabin, Lamivudin und Tenofovir zur Folge hatte.
Patienten, bei denen HIV-1 drei oder mehr Thymidin-Analoga-assoziierte Mutationen (TAMs) einschliesslich einer M41L- oder einer L210W-Mutation an der Reversen Transkriptase aufwies, zeigten eine reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Tenofovirdisoproxil.
Resistenzentwicklung in vivo (antiretroviral naive Patienten): In einer offenen, randomisierten klinischen Studie über 144 Wochen (GS-01-934) bei antiretroviral naiven Patienten, die Efavirenz, Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil als Monopräparate (oder ab Woche 96 bis Woche 144 Efavirenz und die Fixkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (Truvada)) erhielten, wurde bei allen Patienten mit einem bestätigten HIV-RNA-Wert >400 Kopien/ml in Woche 144 oder bei vorzeitigem Studienabbruch eine Genotypisierung der Plasma-HIV-1-Isolate durchgeführt (siehe «Klinische Wirksamkeit»). Die Ergebnisse in Woche 144:
·Die M184V/I-Mutation wurde bei 2 von 19 (10,5%) analysierten Virusisolaten von Patienten aus der mit Efavirenz + Emtricitabin + Tenofovirdisoproxil behandelten Gruppe und bei 10 von 29 (34,5%) analysierten Virusisolaten aus der mit Efavirenz + Lamivudin/Zidovudin behandelten Gruppe nachgewiesen (p-Wert <0,05, Exakter Test nach Fisher zum Vergleich aller Patienten der Emtricitabin + Tenofovirdisoproxil-Gruppe mit denen der Lamivudin/Zidovudin-Gruppe).
·Keines der untersuchten Viren zeigte die K65R- oder die K70E-Mutation.
·Eine genotypische Resistenz gegenüber Efavirenz, hauptsächlich die K103N-Mutation, entwickelte sich bei Viren von 13 von 19 (68%) Patienten der Efavirenz + Emtricitabin + Tenofovirdisoproxil-Gruppe und bei Viren von 21 von 29 (72%) Patienten der Vergleichsgruppe. Eine Zusammenfassung der Entwicklung von Resistenzmutationen zeigt Tabelle 5.
Tabelle 5: Resistenzentwicklung bis Woche 144 der Studie GS-01-934
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Efavirenz+ Emtricitabin+ Tenofovirdisoproxil (n = 244)
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Efavirenz+ Lamivudin/ Zidovudin (n = 243)
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Resistenzanalyse bis Woche 144
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19
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31
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Genotypisierungen während der Therapie
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19
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(100%)
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29
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(100%)
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Efavirenz-Resistenz1
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13
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(68%)
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21
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(72%)
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K103N
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8
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(42%)
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18*
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(62%)
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K101E
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3
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(16%)
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3
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(10%)
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G190A/S
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2
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(10,5%)
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4
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(14%)
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Y188C/H
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1
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(5%)
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2
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(7%)
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V108I
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1
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(5%)
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1
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(3%)
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P225H
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0
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2
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(7%)
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M184V/I
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2
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(10,5%)
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10*
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(34,5%)
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K65R
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0
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0
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K70E
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0
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0
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TAMs2
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0
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2
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(7%)
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* p < 0,05, Exakter Test nach Fisher zum Vergleich aller Patienten der Efavirenz + Emtricitabin + Tenofovirdisoproxilfumarat-Gruppe mit denen der Efavirenz + Lamivudin/ Zidovudin-Gruppe 1 Weitere Efavirenz-Resistenz-Mutationen: A98G (n = 1), K103E (n = 1), V179D (n = 1), M230L (n = 1) 2 Thymidin-Analoga-assoziierte Mutationen, z.B. D67N (n = 1) und K70R (n = 1)
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Weitere Informationen zur Resistenzentwicklung in vivo bei diesen Arzneimitteln entnehmen Sie bitte den Fachinformationen zu den einzelnen Wirkstoffen.
Klinische Wirksamkeit
In einer offenen, randomisierten klinischen Studie (GS-01-934) über 144 Wochen erhielten antiretroviral naive HIV-1-infizierte Patienten entweder einmal täglich eine Therapie mit Efavirenz, Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil oder zweimal täglich eine Fixkombination aus Lamivudin und Zidovudin (Combivir) plus einmal täglich Efavirenz. Patienten, die die 144-wöchige Behandlung in einer der Behandlungsgruppen der Studie GS-01-934 abgeschlossen hatten, konnten optional in eine offene Verlängerungsphase der Studie mit Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln, auf nüchternen Magen eingenommen, wechseln. Es liegen vorläufige 24-Wochen-Daten von insgesamt 286 auf Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln umgestellten Patienten vor. 160 von ihnen hatten Efavirenz, Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil erhalten, die anderen 126 Combivir plus Efavirenz. Bei der Mehrzahl der Patienten aus beiden Behandlungsgruppen blieb die Virussuppression nach der Umstellung auf Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel erhalten. Bei 91% der Patienten blieb die Plasmakonzentration der HIV-1-RNA nach 24 Wochen Behandlung mit Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln bei <50 Kopien/ml; bei 97% blieb sie bei <400 Kopien/ml (Intent-To-Treat-Analyse; Fehlende Daten= Versagen).
Studie AI266073 war eine offene, randomisierte Studie über 48 Wochen mit HIV-infizierten Patienten, in der die Wirksamkeit von Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln mit der Wirksamkeit einer antiretroviralen Therapie aus zwei Nukleosid- oder Nukleotid-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs) und einem Proteaseinhibitor oder einem nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor verglichen wurde. Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel wurde auf nüchternen Magen eingenommen (siehe «Dosierung/Anwendung»). Bei den Patienten hatte zuvor noch keine andere antiretrovirale Therapie virologisch versagt, es waren keine HIV-1-Mutationen bekannt, die zu einer Resistenz gegen einen der drei Wirkstoffe von Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln führen, und sie waren seit mindestens drei Monaten vor Studienbeginn virussupprimiert. Die Patienten wurden entweder auf Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel umgestellt (N = 203) oder behielten ihre bisherige antiretrovirale Therapie (N = 97) bei. Die 48-Wochen-Daten zeigten, dass bei den Patienten, die nach der Randomisierung auf Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel umgestellt wurden, hohe Raten an Virussuppression, vergleichbar mit denjenigen bei der bisherigen Therapie, aufrechterhalten blieben (siehe Tabelle 6).
Tabelle 6: 48-Wochen-Daten zur Wirksamkeit aus Studie AI266073, in der Patienten mit Virussuppression unter ART Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel erhielten
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Behandlungsgruppe
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Endpunkt
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Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltige Arzneimittel(N = 203) n/N (%)
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Fortführung der bisherigen Therapie (N = 97) n/N (%)
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Unterschied zwischen Efavirenz-Emtricitabin-Tenofovir-haltigen Arzneimitteln und der bisherigen Therapie (95%-KI)
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Patienten mit HIV-1-RNA <50 Kopien/ml
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Responder (TLOVR)
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87,2%
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84,5%
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2,6% (-5,9% bis 11,1%)
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PVR (KM)
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94,5%
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85,5%
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8,9% (-7,7% bis 25,6%)
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F=Ausgeschlossen
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179/181 (98,9%)
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85/87 (97,7%)
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1,2% (-2,3% bis 6,7%)
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F=Versagen
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179/203 (88,2%)
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85/97 (87,6%)
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0,5% (-7,0% bis 9,3%)
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Patienten mit HIV-1-RNA <200 Kopien/ml
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Responder (TLOVR)
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89,2%
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87,6%
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1,1% (-6,7% bis 8,8%)
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PVR (KM)
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98,4%
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98,9%
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-0,5% (-3,2% bis 2,2%)
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F=Ausgeschlossen
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181/181 (100%)
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87/87 (100%)
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0% (-2,4% bis 4,2%)
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F=Versagen
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181/203 (89,2%)
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87/97 (89,7%)
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-0,5% (-7,6% bis 7,9%)
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Responder (TLOVR): Responder-Analyse nach dem Time to Loss Of Virologic Response-Algorithmus (TLOVR, Zeit bis zum Verlust der virologischen Wirksamkeit)
PVR (KM): Pure Virologic Response (reine virologische Wirksamkeit), nach der Kaplan-Meier-Methode (KM) ermittelt
F: Fehlende Daten
Patienten mit HIV- und HBV-Koinfektion: Limitierte klinische Erfahrungen bei Patienten mit HIV- und HBV-Koinfektion weisen darauf hin, dass die Therapie mit Emtricitabin oder Tenofovirdisoproxil im Rahmen einer ART zur Kontrolle der HIV-Infektion auch zu einer Senkung des HBV-DNA-Titers führt (Senkung um 3 log10 bzw. Senkung um 4 bis 5 log10) (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
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