InteraktionenUm potentielle Interaktionen zu erkennen, sollte auch die Fachinformation der gleichzeitig verabreichten Arzneimittel konsultiert werden.
Pharmakokinetische Interaktionen
Einfluss anderer Arzneimittel auf die Pharmakokinetik hormonaler Kontrazeptiva
Enzyminduktoren
Interaktionen zwischen hormonalen Kontrazeptiva und Arzneimitteln, die mikrosomale Enzyme (insbesondere Cytochrom P450-Enzyme) induzieren und dadurch eine erhöhte Clearance von Sexualhormonen verursachen, können zu einer Verminderung der kontrazeptiven Wirksamkeit sowie zu Durchbruchblutungen führen. Dies gilt z.B. für Barbiturate, Bosentan, Carbamazepin, Felbamat, Modafinil, Oxcarbazepin, Phenytoin, Primidon, Rifabutin, Rifampicin und Topiramat sowie für Arzneimittel, welche Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten.
Eine Enzyminduktion kann bereits nach wenigen Behandlungstagen beobachtet werden. Die maximale Enzyminduktion wird im Allgemeinen nach 2-3 Wochen erreicht und kann während 4 oder mehr Wochen nach dem Absetzen dieser Arzneimittel andauern. Frauen, die kurzfristig mit einem dieser Arzneimittel behandelt werden, sollten dazu aufgefordert werden, vorübergehend zusätzlich zum CHC eine nicht-hormonale Kontrazeptionsmethode oder eine andere Art der Kontrazeption zu wählen. Die Barrieremethode sollte während der gleichzeitigen Anwendung der Arzneimittel sowie für weitere 28 Tage nach Absetzen der Behandlung verwendet werden. Wird die gleichzeitige Anwendung eines Enzyminduktors über die letzte wirkstoffhaltige Tablette der aktuellen Packung von Drovelis hinaus fortgesetzt, muss unmittelbar im Anschluss an die Einnahme der letzten wirkstoffhaltigen Tablette mit der nächsten Packung Drovelis begonnen werden, d.h. unter Auslassen der 4 Placebo-Tabletten.
Bei Langzeitbehandlung mit Arzneimitteln, welche zu einer Enzyminduktion in der Leber führen, sollten alternative, nicht-hormonelle Kontrazeptionsmethode angewendet werden.
Darüber hinaus ist bekannt, dass verschiedene Inhibitoren der HIV/HCV-Protease und der Nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase zu einer Erniedrigung oder einer Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Östrogenen oder Gestagenen führen können. Diese Veränderungen können in manchen Fällen klinisch relevant sein.
Insbesondere sind Proteaseinhibitoren wie Ritonavir oder Nelfinavir (einschliesslich deren Kombinationen) zwar als starke Inhibitoren von CYP3A4 bekannt, können jedoch bei gleichzeitiger Anwendung mit Steroidhormonen enzyminduzierende Eigenschaften aufweisen und dadurch die Plasmaspiegel von Östrogenen und Gestagenen reduzieren.
Enzyminhibitoren
CYP3A4-Inhibitoren
Starke und moderate CYP3A4-Inhibitoren wie Azol-Antimykotika (z.B. Itraconazol, Voriconazol, Fluconazol), Makrolid-Antibiotika (Clarithromycin, Erythromycin), Cobicistat, Diltiazem und Verapamil können die Plasmaspiegel von Östrogenen und/oder Gestagenen erhöhen und dadurch zum vermehrten Auftreten unerwünschter Wirkungen führen.
In einer Mehrfachdosis-Studie mit einer Kombination aus Drospirenon (3 mg/Tag) und Ethinylestradiol (0,02 mg/Tag) führte die gleichzeitige Gabe des starken CYP3A4-Inhibitors Ketoconazol über 10 Tage zu einer Erhöhung der AUC(0-24 h) von Drospirenon auf das 2,68-Fache (90% CI: 2.44, 2.95). Die AUC(0-24h) von Ethinylestradiol wurde auf das 1.40Fache erhöht (90% CI: 1.31; 1.49).
UGT-Inhibitoren
Estetrol wird überwiegend über die UDP-Glucuronosyltransferase (UGT) 2B7 glucuronisiert (siehe «Pharmakokinetik»). Die gleichzeitige Verabreichung einer Einzeldosis von Estetrol/Drospirenon (15 mg/3mg) mit dem UGT-Inhibitor Valproinsäure (2x täglich 500 mgfür 11 Tage mit einer letzten Einzeldosis an Tag 12) führte zu einem Anstieg der Estetrol-Exposition im Vergleich zur Einnahme von Estetrol alleine: Das Verhältnis der geometrischen Mittelwerte (90% Konfidenzintervall) der Cmax von Estetrol lag bei 1.36 (1.11 – 1.65), der Estetrol-AUC(0-tlast) bei 1.25 (1.09 – 1.42) und der Estrol-AUC(0-inf) bei 1.13 (1.03 – 1.24). Dieser Anstieg der Estetrol-Exposition wird als klinisch nicht relevant bewertet, und es wird keine Dosisanpassung empfohlen.
Transporter
In vitro-Studien deuten darauf hin, dass Estetrol ein Substrat von P-gp und BCRP ist. Klinisch relevante Interaktionen bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, welche die Aktivität dieser Transporter beeinflussen, sind jedoch unwahrscheinlich.
Interferenz mit dem enterohepatischen Kreislauf
Bei gleichzeitiger kurzdauernder (bis zu 10 Tagen) Anwendung von Antibiotika, welche keine Interaktionen mit dem CYP3A4-Enzymsystem aufweisen, ist nicht mit pharmakokinetischen Interaktionen zu rechnen. Bei der Beratung der Patientin sollte jedoch berücksichtigt werden, dass unter Umständen die Grunderkrankung (z.B. Geschlechtskrankheiten), deretwegen das Antibiotikum eingesetzt wird, die zusätzliche Verwendung einer Barrieremethode nahelegen kann.
Über mögliche Interaktionen bei längerfristiger Komedikation mit Antibiotika (z.B. bei Osteomyelitis oder Borreliose) liegen keine ausreichenden Daten vor. Soll eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen werden, wird in solchen Fällen während der Antibiotikatherapie sowie in den ersten 7 Tagen nach Absetzen die zusätzliche Verwendung einer Barrieremethode empfohlen.
Sollte es unter der antibiotischen Therapie zu Durchfällen und/oder Erbrechen kommen, sind ausserdem die Angaben im Abschnitt «Verhalten bei gastrointestinalen Störungen» in der Rubrik «Dosierung/Anwendung» zu beachten.
Einfluss hormonaler Kontrazeptiva auf die Pharmakokinetik anderer Arzneimittel
Hormonale Kontrazeptiva können – durch verschiedene Interaktionsmechanismen – auch die Pharmakokinetik einiger anderer Arzneimittel beeinflussen: Sie können die hepatischen mikrosomalen Enzyme hemmen oder die hepatische Konjugation, insbesondere die Glukuronidierung, induzieren. Dementsprechend können die Plasma- und Gewebekonzentrationen entweder erhöht (z. B. Ciclosporin) oder erniedrigt (z. B. Lamotrigin, siehe unten) werden. Weiter kann auch die pharmakologische Wirkung einiger Substanzen der folgenden Arzneimittelklassen beeinflusst werden: Analgetika, Antidepressiva, Antidiabetika, Antimalariamittel, Benzodiazepine, Betablocker, Kortikosteroide und orale Antikoagulantien. Nicht in allen Fällen sind die aus diesen Interaktionen resultierenden Veränderungen der Plasmaspiegel klinisch relevant.
Drospirenon zeigte in vitro eine schwache bis mässige Hemmung der Cytochrom-P450-Enzyme CYP1A1, CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4. Basierend auf den Befunden klinischer Interaktionsstudien mit Omeprazol, Simvastatin und Midazolam als Markersubstraten ist eine Interaktion von 3 mg Drospirenon mit dem Cytochrom-P-450-Metabolismus anderer Arzneimittel jedoch unwahrscheinlich.
Ein möglicher Einfluss von Estetrol auf die Aktivität zahlreicher Enzyme und Transportproteine wurde in In-vitro-Studien untersucht. Basierend auf diesen Daten ist es unwahrscheinlich, dass Estetrol in klinisch relevanten Dosen die CYP450-Enzyme CYP1A2, CYP2B6 oder CYP3A4 induziert. Eine Hemmung der CYP-Enzyme CYP3A4, CYP1A2, CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6 und CYP2E1 sowie der UGT-Enzyme UGT1A1, UGT1A3, UGT1A4, UGT1A6, UGT1A7, UGT1A8, UGT1A9, UGT1A10, UGT2B4, UGT2B7, UGT2B10, UGT2B15 und UGT2B17 ist ebenfalls unwahrscheinlich. Dasselbe gilt auch für eine Hemmung der Arzneimittel-Transporter P-gp, BCRP, OAT1, OAT3, OCT2, MATE1 und MATE2-K. In-vitro-Daten deuten auf eine minimale Hemmung von OATP1B1/3 durch Estetrol hin.
Lamotrigin
Eine Interaktionsstudie mit dem Antiepileptikum Lamotrigin und einem kombinierten oralen Kontrazeptivum (0.03 mg Ethinylestradiol/0.15 mg Levonorgestrel) zeigte eine klinisch relevante Steigerung der Lamotrigin-Clearance mit einer entsprechenden signifikanten Abnahme der Lamotrigin-Plasmaspiegel, wenn diese Arzneimittel gleichzeitig verabreicht wurden. Eine derartige Senkung der Plasmakonzentrationen kann mit einer reduzierten Anfallskontrolle einhergehen. Es ist nicht bekannt, in wieweit diese Befunde auf andere kombinierte Kontrazeptiva mit anderer Gestagenkomponente und/oder anderer Östrogendosis übertragbar sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Präparate ein vergleichbares Interaktionspotential aufweisen.
Beginnt eine Patientin, welche Lamotrigin einnimmt, neu mit der Einnahme von Drovelis, kann daher eine Anpassung der Lamotrigindosis erforderlich sein, und die Lamotrigin-Konzentration sollte zu Beginn der Therapie engmaschig überwacht werden. Hierbei ist insbesondere auch zu beachten, dass es zu einem deutlichen Anstieg des Lamotriginspiegels (unter Umständen in den toxischen Bereich) kommen kann, wenn das hormonale Kontrazeptivum abgesetzt wird (sowie unter Umständen in den 4-tägigen Anwendungspausen).
Pharmakodynamische Interaktionen
Bei gleichzeitiger Einnahme von Drovelis mit Arzneimitteln, welche die Kaliumkonzentrationen im Serum erhöhen (Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, kaliumsparende Diuretika, Aldosteron-Antagonisten), sollten die Serumkaliumwerte überwacht werden. Mögliche Interaktionen wurden in Studien untersucht, in welchen eine Kombination aus Drospirenon und Estradiol appliziert wurde. Dort fanden sich bei gleichzeitiger Gabe zusammen mit einem ACE-Hemmer oder mit NSAIDs (z.B. Indomethacin) keine klinisch relevanten oder statistisch signifikanten Unterschiede in den Kaliumkonzentrationen im Serum.
Interaktionen mit unbekanntem Mechanismus
In klinischen Studien kam es bei gleichzeitiger Anwendung Ethinylestradiol-haltiger CHC zusammen mit einer der in der Therapie von HCV-Infektionen eingesetzten Wirkstoffkombinationen Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir mit oder ohne Dasabuvir; Glecaprevir / Pibrentasvir; oder Sofosbuvir / Velpatasvir / Voxilaprevir gegenüber Patientinnen, welche ausschliesslich mit den antiviralen Wirkstoffen behandelt wurden, signifikant häufiger zu einem Anstieg der ALT (einschliesslich Fällen eines Anstiegs auf über das Fünffache, in Einzelfällen auf über das 20-Fache der oberen Grenze des Normbereiches [ULN]). Bei gleichzeitiger Anwendung von Estradiol oder Estradiolvalerat war hingegen, bei allerdings begrenzten Fallzahlen, die Inzidenz einer klinisch relevanten ALT-Erhöhung nicht höher als bei Patientinnen ohne Östrogentherapie. Für Estetrol liegen keine entsprechenden Daten vor. Aufgrund der unzureichenden Erfahrung mit anderen Östrogenen als Ethinylestradiol ist bei der gleichzeitigen Anwendung mit einer der genannten Wirkstoffkombinationen Vorsicht geboten.
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